Ohne Schmerzen zum Weltmeistertitel
Im Oktober gewann Anne Haug die Ironman-WM auf Hawaii. Wir haben mit ihr über ihren großen Tag gesprochen. Dabei waren wir natürlich besonders gespannt, wie sie mit ihrem neuen Sattel zurechtgekommen ist: dem gebioMized Stride.
SSC: Anne, erst nochmal herzlichen Glückwunsch Weltmeistertitel. Die wichtigste Frage natürlich gleich am Anfang: Wie war die Party nach dem Rennen?
Anne Haug: Welche Party :-)? Ich bin grundsätzlich gar kein Feiertyp und nach einem Ironman einfach nur müde und kaputt. Am nächsten Tag waren Sabrina, Dan und ich in unserer Lieblingseisdiele und haben uns eine Mega-Weltmeister-Portion gegönnt. Ich glaube mein ganzes Team und ich sind eher „stille Genießer“ :-)
Wie fühlt es sich an, sich „Weltmeisterin“ nennen zu dürfen? Konntest du das mit etwas Abstand zum Rennen schon realisieren?
Das ist natürlich schon ein riesiger Traum, der da in Erfüllung gegangen ist und ganz oben auf dem Podest zu stehen ist einfach unbeschreiblich. Um das zu erreichen muss am Tag X einfach alles passen und das Quäntchen Glück auch auf deiner Seite sein.
Nimm uns doch nochmal mit auf die Strecke. An welchem Punkt hast du begriffen, dass du das Rennen wirklich gewinnen wirst?
200 Meter vor dem Ziel. Der Ironman ist ein Biest, da darf man sich seiner Sache nie sicher sein. Man muss bis zum Schluss extrem konzentriert sein und darf keine Fehler machen. Die Erfahrung hat leider gezeigt, dass es auch noch 800 Meter vor dem Ziel plötzlich vorbei sein kann. Ich selbst habe auch schon zweimal auf dem allerletzten Kilometer die Bekanntschaft mit dem berüchtigten „Mann mit dem Hammer“ gemacht.
„Ich bin total begeistert. Ich dachte nicht, dass es überhaupt möglich ist, schmerzfrei über einen längeren Zeitraum in der Aeroposition zu verharren.“
Anne Haug, Ironman World Champion
Was passiert dann im Kopf? Ist das pure Euphorie? Oder auch Angst davor, was jetzt noch schiefgehen kann?
Am Optimalsten empfinde ich es, solche Gefühle komplett ausblenden, bis man die Ziellinie überquert hat. Während des Rennens versuche ich mich nur auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Ich will keine mentale Energie verschwenden, in dem ich darüber grübele was war oder was in fünf Minuten sein könnte.
Jetzt sind wir natürlich besonders gespannt, wie du mit deinem Sattel zurecht gekommen bist? Es war immerhin das erste richtig große Rennen für unseren neuen gebioMized Stride.
Ich habe ja bereits den Prototyp im Training fahren dürfen und bin total begeistert. Ich dachte nicht, dass es überhaupt möglich ist, schmerzfrei über einen längeren Zeitraum in der Aeroposition zu verharren. Aber Dank des neuen Sattels kann ich nicht nur die Position lange halten, ich kann sie auch variieren, was ein sehr großer Vorteil ist.
Rein von den Zahlen her hast du auf dem Rad nochmal ein paar Minuten auf die vor dir liegende Lucy Charles-Barclay verloren. Inwiefern hast du dennoch, mit Blick auf die abschließende Disziplin, von dem Bikesplit profitiert?
Die Dynamik in einer Gruppe ist immer eine andere, als wenn man kann konstant alleine fährt. Lucy war aber einfach unglaublich stark auf dem Rad und für uns nicht einzuholen. Ein guter Bikesplit ist natürlich unerlässlich, um konkurrenzfähig zu sein. Gleichzeitig muss man aber sehr gut in sich rein hören und nicht überziehen.
Wie stehst du generell zum Thema Bikefitting und Sitzposition? Wichtig oder überbewertet?
Für mich ist das extremst wichtig. Ich möchte ja sicherstellen, dass meine ganze Kraft effektiv auf das Pedal übertragen wird und das in bestmöglichster aerodynamischer Position. Zudem dient es natürlich auch der Verletzungsprophylaxe. Bei so vielen hundertausend Umdrehungen sollten die Beinachsen natürlich alle richtig stehen und die Beckenposition passen.
Wie lange gibst du dir jetzt noch, um den Triumph auszukosten? Oder bist du schon wieder voll im 2020-Modus?
Ich habe wie nach jeder Saison zwei Wochen Pause gemacht und dann wieder langsam begonnen. Nach dem Rennen ist bekanntlich vor dem Rennen und sich auf den Lorbeeren auszuruhen ist keine gute Idee, wenn man 2020 auch wieder gut sein möchte. Natürlich habe ich jetzt mehr Termine, die ich sinnvoll ins Training zu integrieren versuche. Aber die sportliche Leistung steht bei mir immer an erster Stelle.
Was hast du dir für die kommende Saison vorgenommen?
Besser werden. Als Leistungssportler trage ich immer diese chronische Unzufriedenheit mit meiner Leistung in mir und sehe da noch viel Optimierungspotential. Das ist mein größter Antrieb.