IM AUGE DES FITTERS

Natürlich ist der individuelle Radsportler Dreh- und Angelpunkt eines jedes Bikefittings. Neben aller Technik und Tools kommt aber auch dem Bikefitter eine besondere Bedeutung im Fitting-Prozess zu: Er wandelt Messwerte, Winkel und Beobachtungen in Veränderungen & Empfehlungen um, im Optimalfall zusammen mit dem Athleten… Grund genug für uns, diese Rolle einmal näher zu beleuchten:

Passende Fragen –Antworten richtig deuten

Zu Beginn eines Fittings beginnt die Aufgabe des Fitters damit, die richtigen Fragen zu stellen, zum Beispiel zu vorliegenden Beschwerden, zu den Zielen des Sportlers und zum Trainingszustand. Mit den gegebenen Antworten kann ein erfahrener Fitter bereits vor der eigentlichen Analyse wichtige Informationen sammeln, die das dynamische Fitting entscheidend beeinflussen sollten – sofern die Antworten auch richtig gedeutet werden: Die Angabe von Regionen des Körpers, die beim Radfahren zu Beschwerden führen, ist hilfreich, um den passenden Fokus in der Bewegungsanalyse zu legen. Auch die Frage, welche Messtechnik sinnvoll für das jeweilige Fitting ist, kann meistens bereits nach dem Interview beantwortet werden.

Technik sinnvoll einsetzen: Weniger kann auch mehr sein

Heutzutage werden die verschiedensten Mess-Systeme im Bikefitting eingesetzt, zum Beispiel Scanner, 2D / 3D Videoanalyse, Druckmessung, Laser, 3D Analyse mittels Infrarot-Markern und einige weitere. Grundsätzlich produzieren alle Systeme mehr oder weniger große Datenmengen, die es zu analysieren gilt. Dabei kann weniger manchmal mehr sein: der Fitter muss selbst entscheiden, welche Technik er einsetzt  (und welche eben nicht), um die offenen Fragen richtig zu beantworten. Es besteht immer die Gefahr, sich in zu vielen Daten zu verlieren, was häufig mit dem Verlust des „roten Fadens“ im Fitting einhergeht.

Der Kunde als Summe von Mittelwerten?

Die verschiedenen Fitting Philosophien, die aktuell am Markt verfügbar sind, lassen sich grob in zwei Richtungen einteilen: Das dynamische und das statische Bikefitting. Unter dynamischem Fitting verstehen wir die Analyse des Menschen „so real wie möglich“, also auf dem eigenen Rad und in Bewegung.

Statisches Fitting besteht zumeist aus einem Körperscan und einer daraus errechneten Sitzposition. Eine Sitzposition zu errechnen bedeutet, aus den Mittelwerten einer vorliegenden Datenbank die Maße für den einzelnen zu ermitteln. Da unsere individuellen Kunden nie einfach die Summe aus Mittelwerten sind, sondern alle besondere Eigenschaften, z.B. bei Flexibilität und Muskelkraft mitbringen, sind wir Verfechter des dynamischen Bikefittings!

Es gibt kein Bikefitting ohne Fitter

Der Einsatz von Technik kann die Qualität eines Fittings deutlich erhöhen. So werden zum Beispiel Pedalbewegungen in der Video-Zeitlupe detailliert erkennbar und Belastungspunkte am Sattel oder im Radschuh per Druckmessung exakt visualisiert. Eine tolle Unterstützung, da das Auge auch erfahrener Fitter das komplette Bild in „realtime“ nicht erfassen kann. Dennoch kann keine Messtechnik der Welt die Interpretation des Bikefitters ersetzen. Er muss die Daten deuten, die richtigen Schlüsse ziehen, die Ergebnisse in Relation zu den Aussagen des Sportlers setzen und daraus die korrekten Maßnahmen und Veränderungen ableiten. Dazu ist Erfahrung, Fachwissen und Bewegungsverständnis auf Seiten des Fitters erforderlich!

Wir lesen in Foren immer wieder Aussagen wie: „Ich hatte letzte Woche einen Retül-Fit“ oder „Ich möchte auf jeden Fall ein BGFit machen“ – dabei müssen wir immer etwas schmunzeln ?

Der Fitter bestimmt die Technik, nicht die Technik den Fitter…

Autor:
Daniel Schade